Der Holzbrand-Ofen

 

Prometheus – schon mal gehört? Der griechischen Sage nach stahl er das Feuer von den Göttern des Olymp und brachte es den Menschen. Alles Mögliche wird ihm nachgesagt: er habe den Menschen die Kultur gebracht, Technik möglich gemacht.  Fakt ist, die meisten von uns haben heute ein warmes Zuhause und die Möglichkeit, leckeres Essen zuzubereiten.

 

Der Töpfer wiederum kann seither mit dem Brennen seine Gefäße haltbar machen.

 

Von einfachen Erdlöchern über großartige asiatische Anagamaöfen bis hin zu uns bekannteren Salzöfen gab es in allen Kulturen Holz-geheizte Brennöfen.

 

Inzwischen stehen uns Gas-betriebene Brennöfen oder eine Vielzahl an elektrischen Brennöfen zur Verfügung.

 

Warum also heute noch mit Holz brennen?

 

Antwort auf diese Frage (und weitere) gibt uns Töpfermeister Norbert Hombergen, ein langjähriger Freund und Kollege. Hier unser erstes !  Interview. Schriftlich, weil: wir sind Töpfer und können noch kein „Podcast“.

Außerdem bleiben Dir so einige Ähhhs und Öhhhs erspart.

 

Heidi: Hallo Norbert, schön, dass du da bist. Wir sitzen hier im Garten – also ganz ungefährlich – auf Abstand. Ich möchte dich befragen zu Holzbrandöfen.

 

Norbert: Hallo Heidi, vielen Dank für die Einladung zum Interview. Ich freue mich auch. Sehr schön hier im Garten mit der ersten Frühjahrssonne.

 

Heidi: Warum brennst du mit Holz? Du könntest es doch auch bequemer haben mit z.B. einem Elektroofen.

 

Norbert: Ja, das stimmt. Mit einem Elektroofen könnte ich es vieeel bequemer haben. Glasieren, einräumen, Knöpfchen drücken und Feierabend. Holzbrand machen ist nicht einfach nur „brennen“ – gar kochen sozusagen, sondern viel mehr.

 

Der Brand selbst ist ein ganz zentrales Gestaltungselement für die Keramik, die ich mache. Schon die Formen der gedrehten Keramik zielen auf den Holzbrand ab. Die Art und Weise der Dekoration, die ich mache oder die verwendete Tonmasse, sind ganz wichtige Grundlagen für den Holzbrand.

 

Heidi: Gut, aber das überlegt sich ein Keramiker, der mit Strom brennt doch auch. Welchen Ton nehme ich. Welche Glasuren passen zu meinen Formen usw.

Auch da ist doch die gebrannte Glasur ein Gestaltungselement. Was ist beim Holz brennen so anders?

 

Norbert: Im Holzbrand steht die Keramik in direktem Kontakt mit der Flamme. Es entstehen dabei so interessante, lebendige Glasurverläufe, Anflugverläufe von Holzasche und Färbungen, die immer wieder interessant aussehen. Auf einem Holz-gebrannten Topf ist immer wieder etwas zu entdecken. Der wird einfach nicht langweilig im Gebrauch. Der sieht immer wieder neu aus.

 

Und auch die (Ton-) Massen reagieren verschieden auf den Holzbrand. Das Ganze vergleiche ich gerne mit einem Blatt im Herbst, das in verschiedenen Farben schimmert.

 

Um sich der Qualität historischer Vorbilder anzunähern kann die Brenndauer auf mehrere Tage verlängert werden, oder der Töpfer kann auf eine sehr hohe Endtemperatur gehen, so 1340-1370°C, was natürlich eine besondere Tonmasse erfordert. Ich habe mit sehr aufwändigen Masseproben begonnen.  

 

Heidi: Die offene Flamme ist also so etwas wie dein Mitarbeiter, der seine eigenen Gestaltungsideen mit einbringt?

 

Blick in die Feuerstelle des Olsen Kilns. Foto von Norbert Hombergen

 

Norbert: Ja, das ist sehr schön ausgedrückt! Es entstehen z.B. Flammenmuster. Durch unterschiedliche Hitzeeinwirkung kann die Glasur auf ein und demselben Gefäß partiell matt und glänzend zugleich erscheinen. Das lässt sich so gut wie kaum beeinflussen. Das ist die Arbeit des Feuers. Die glasierte und auch die unglasierte Gefäßoberfläche verändert sich durch Ascheanflüge und alkalische Dämpfe, welche beim Verbrennen von Holz entstehen und durch den Ofen ziehen. Aus dem Holz in die Gefäßoberfläche. Tatsächlich in die Oberfläche, denn Flugasche und Alkalien gehen eine Glas-bildende Reaktion mit dem Ton ein und werden eins. Je höher die Temperatur, oder je länger die Brenndauer, desto intensiver wird diese Verbindung. Das alles passiert, ist aber nicht im Detail planbar oder vorhersehbar. So entsteht ein Naturprodukt, das eine Lebendigkeit ausstrahlt, die auch nicht verloren geht.

 

Ellen und Norbert Hombergen während des Brands

 

Heidi: Welche Glasuren verwendest du für den Holzbrand?

 

Norbert: Das ist der zweite Grund, warum ich mit Holz brenne. Ich kann mit dem Holzbrand an eine ganz alte Keramiktradition anknüpfen.

 

Einmal an den Salzbrand. Der älteste Holzbrandofen, weltweit (in Langerwehe), ist von Anfang des 13. Jahrhunderts, in den während des Brandes zusätzlich Kochsalz eingestreut wird. Bei Temperaturen über 1200°C  reagiert das Salz mit dem Quarz im Ton und schmilzt zu einer hervorragenden Glasur auf den Töpfen aus. Das haben die Töpfer im Mittelalter durch Zufall entdeckt.

 

Aber auch asiatische traditionelle Glasuren wie Shino, Temmuko, Seladonglasuren sind wunderschöne klassische Glasuren, die bei hohen Temperaturen im Holzofen gebrannt werden. Traditionell, aber zeitlos schön. Diese Glasuren bestehen aus nichts weiter als gemahlenem Sand (Quarzmehl), Holzasche und Ton. Materialien, die der Töpfer in seiner Umgebung finden kann. Das sind Glasuren, die man selbst zusammenmischt und testet. Nötigenfalls auch ein bisschen hier und da in der Zusammensetzung ändert bis alles passt.

 

Das ist das Geheimnis und die Kunst bei der Herstellung von Tongefäßen. So arbeitet ein Töpfer, der Holz-gebrannte Keramik macht. Die Rohstoffe dafür schöpft er in ihrer unveränderten Ursprünglichkeit aus der Erde und der Natur (Holzasche). Sie sind im Rohzustand hochfragil, und werden durch das Feuer zum strahlenden Gefäß veredelt.

 

Schale von Norbert Hombergen: innen Rutilglasur reduziert, außen Salz- und Ascheanflug

 

Heidi: Soweit ich sehe, machst du also alle Arbeitsgänge (außer Ton ausbuddeln) selbst? Du bist also so etwas wie ein „Vollblut-Handwerker“?

 

Norbert: Ja, das trifft es in etwa. Der ganze Zauber, man kann auch Maloche sagen, fängt schon bei der Tonaufbereitung an. Einen guten Anteil Ton meiner Masse beziehe ich direkt aus einer Tongrube.

 

Nachdem ich ihn geschlämmt und gesiebt habe, wird er mit meiner aus dem Handel bezogenen Masse gemischt. Diese Mischung habe ich selbstverständlich nach meinen Vorstellungen und den technischen Anforderungen designt. Diese Mischung sumpfe ich über ein Jahr und knete sie dann maschinell und manuell. Dann endlich landet sie auf meiner Scheibe und ich kann sie drehen. Bevor der Tonbatzen überhaupt auf meiner Scheibe landet, ist schon einiges an sorgfältiger Arbeit vorausgegangen. Und ich bin schon sehr vertraut mit ihr geworden.

 

Wie das Tonaufbereiten und Drehen, so ist auch das Holz-brennen handwerkliche Arbeit. Wenn ich abends einen Elektroofen anstellen würde, hätte ich das Gefühl, ich habe meine Arbeit nicht zu Ende getan.

 

Ich lerne auch nach über 150 Bränden immer noch etwas dazu. Jeder Brand ist anders im Brennverlauf und Ergebnis. Es ist niemals selbstverständlich, dass der Brand gelingt und die nötige Temperatur erreicht wird. Ich muss immer wieder die Konzentration hochhalten. Jede Ablenkung und die darauffolgende Unaufmerksamkeit kann den Brennverlauf um Stunden verzögern.

 

Der Ofen reagiert nicht mehr so wie er soll, und ich muss mich neu einfinden und orientieren.

Das Feuer reagiert dann wie ein Werkzeug, das falsch gehandhabt worden ist. Das Werkstück ist beschädigt.

 

Das betrifft meinen Ofentyp besonders stark, aber das ist allen Öfen gemein.

 

Ob ich tatsächlich die gewünschte und notwendige Temperatur erreiche, und wie der Brand vom Ergebnis her ausfällt, ist durchaus kalkulierbar. Aber es befinden sich in diesem Prozess auch Unwägbarkeiten, die diese Arbeit spannend, ja, auch bangend und nervenaufreibend macht.

Aber die Zufriedenheit und das glückliche Gefühl, die sich bei einem gelungenen Brand einstellen kann, bringt mich dazu, mich immer wieder diesen Herausforderungen zu stellen.

 

Beim Brennen wird das Feuer selber zum Werkzeug, das ich handhabe und beeinflusse. Mit dem Feuer gestalte ich den Brennverlauf , die Ofenatmosphäre. D.h. der Wechsel von Reduktion und Oxidation muss stimmen, kontinuierlicher Temperaturanstieg ist wünschenswert.

 

Ich bin dann in engem Kontakt zu den Naturelementen.

Und zu den Menschen, die beim Brand dabei sind, mitmachen, zum Gelingen beitragen und helfen.

Es entsteht immer wieder eine ganz besondere Atmosphäre. Und das möchte ich nicht mehr missen. Das Brennen ist einfach ein Erlebnis besonderer Art.

 

Für mich heißt Holzbrand: wirklich in Kontakt treten mit dem Material, das Handwerk wirklich ganz durchdringen bis zu Ende. Bis zu dem Punkt, wo der Ofen die höchste Temperatur erreicht hat und ich vermuten kann: der Brand ist gelungen!

Sehr spannend, die Wartezeit bis der Ofen abgekühlt ist, geöffnet werden kann und die Ergebnisse begutachtet werden können.

 

Nach dem Brand. Foto von Norbert Hombergen

 

Heidi: Wie bist du zum Holz brennen gekommen? Hast du das irgendwo gesehen?

 

Norbert: Ja, irgendwann fiel mir das legendäre Buch von Bernard Leach in die Finger. „Das Töpferbuch“ (erschienen 1971 im Hörnemann Verlag, Bonn) von dem auch wirklich eine Magie ausgeht bis heute für junge Keramiker. Bernard Leach hat da den Holzbrand mit soviel Enthusiasmus beschrieben, das hat mich selber entflammt.

 

Ich hab mich also ein bisschen umgesehen und als wahrer Glücksfall erwies sich die Kopie einer Kopie von Olsen’s Fastfire-Kiln.

Man musste die Maße alle ein bisschen umrechnen.

Ich fand eine günstige Quelle für Feuerleichtsteine, was eine gute Wahl für einen Holzofen ist. Und fing an. Zum Glück hatte ich dann auch noch eine kostenlose Holzquelle.

Aber natürlich jede Menge Arbeit mit dem Ofenbau.

 

Heidi: Apropos Holz: welche Holzsorten kann man verwenden für den Holzbrand?

 

Norbert: Ganz einfach gesagt, man kann jedes Holz verwenden vom Hartholz bis zum Weichholz, unbehandeltes Holz! Es muss nur trocken sein. Wie lang  und wie dick die Holzscheite sein sollen, hängt vom Ofentyp ab und muss selbst ausprobiert werden. Man kann sogar altes, morsches Holz verwenden. Ich habe es selbst mal ausprobiert. Ich hatte noch uraltes Obstgehölz und war neugierig, wie weit ich damit komme. Ich hätte ja jederzeit auf mein übliches Brennholz umstellen können. Ich habe tatsächlich bis kurz vor Endtemperatur damit gebrannt.

 

Heidi: Braucht man da nicht Unmengen an Holz? Passt das in unsere Zeit, zum Thema „Energie sparen“?

 

Die Menge an Holz hängt natürlich einmal vom Können des Keramikers ab. Man kann eine Menge Holz ohne wesentliche Temperatursteigerung „verbraten“.

Für die „modernen“ bzw. zeitgemäßen Öfen von Olsen und Steve Harrison gibt es eine einfache Rechnung. Die Menge des Brennholzes entspricht bei guter Brennführung der Größe des Raumvolumens des Ofens.

Für einen Ofen mit 1,5 m³ die gleiche Menge an Holz, also ein Verhältnis von 1:1.

 

Der kleine („Einsteiger“) -Ofen von Olsen hat ein ungünstigeres Verhältnis.

 

Natürlich gibt es eine Menge an traditionellen Öfen, die mehr Holz benötigen. Oder solche, die absichtlich besonders lange geheizt werden, um ganz spezielle Glasureffekte durch viel Holzasche zu erzielen. Die brauchen deutlich mehr.

 

Heidi: Früher kamen einem immer Schamotte-Steine in den Sinn, wenn man von Ofenbau sprach. Wie sieht das heute aus?

 

Norbert: Zeitgemäß heißt, ich benutze hochwertige Materialien, die auch im Industriebereich eingesetzt werden. Das sind diese Feuerleichtsteine. Die haben Anwendungstemperaturen bis über 1500 Grad. Und sie isolieren unheimlich gut.

 

Ein weiterer Punkt ist die Auswahl eines vernünftig bemessenen Ofens. Das heißt, die Verhältnis-Maße von Brennkammer zu Ofenraum zu Schornstein müssen stimmen.

Dafür gibt’s jetzt schon recht detaillierte Baupläne. Z.B. im " The Kiln Book" von Frederick L. Olsen (in englisch).

 

Oder noch besser: wenn du einen Ofen bauen möchtest: geh zu einem anderen Keramiker, der mit einem Ofen erfolgreich brennt. Nimm einen Zollstock mit und miss die entscheidenden Maße. Und baue ihn dann nach, so wie du ihn da vorgefunden hast.

 

Heidi: Zum Thema Ofenbau und erst recht zum Brennen könnte man noch einige Seiten füllen. Aber ich denke, du hast uns einen sehr guten Einstieg in dieses Thema gegeben.

Ich würde mich freuen, wenn wir in einem späteren Interview über das Brennen an sich sprechen können.

Deine wertvollen Erfahrungen würde ich sehr gerne hier festhalten.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Website von Norbert Hombergen: Keramik NoHo

Norbert auf Instagram

 

Hier noch die Links, die du mir genannt hast:

 

Website von Fred Olsen verschiedene Brennöfen

 

über das Booklet für das "Laid Back Firing" Steve Harrison Australien

 

Bausatz für einen Holzofen aus Deutschland von Michael Sälzer: Zephyr-Ofenbau

 

Seite zum Stöbern: sidestokes.com

 

Gemeinsam brennen in Deutschland bei Michael Sälzer

 

Gemeinsam brennen in Frankreich in La Borne bei Jeltje Bornemann

 

Hendrik Schöne zeigt in vielen Fotos den Bau des "Small Speedy Kiln"

 

Ute Dreist brennt im "Phönix" -Brennofen

 

"Die Holzbrandkonferenz" Artikel im "Töpferblatt" 2009

 

Katrin Otolski brennt mit Holz

 

Markus Böhm brennt mit Holz

 

Steffen Werner brennt mit Holz und hilft beim Ofenbau

 

und noch ein paar Links

 

auf Instagram: woodfiredpotterykilns

 

auf Instagram: womenwhowoodfire

 

Herzlichst Heidi

Aachen März 2021