Cool bleiben. Das fertig gedrehte Gefäß von der Scheibe nehmen

 

 

Zuletzt habe ich Dich etwas im Stich gelassen. Natürlich gibts auch bei der Ausformung Einiges zu lernen. Um einen Bauch zu erzeugen, drückst du mehr mit der Innenhand.

Dabei beginnst Du wieder ganz unten im Gefäß.

In diesem Stadium des Drehens arbeitest Du nur noch mit den Fingerspitzen und Fingerkuppen.

Soll der obere Rand elegant nach außen zeigen, musst Du dafür nicht unten beginnen.

 

Enghalsvasen drehen, geschlossene Gefäße usw. sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht angesagt.

Hol Dir nicht den Frust mit diesem Vorhaben.

Nur Zylinder drehen, ist natürlich auch nicht so prickelnd. Kleine Schüsselchen und Tassen / Becher halte ich für machbar.

Irgenwann ist der Zeitpunkt erreicht, an dem Dein Ton keine Lust mehr hat.

Nimm das nächste Projekt in Angriff.

 

Und jetzt hast Du ein Problem. Zuerst muss das fertige Gefäß runter von der Scheibe.

Vor dem Abschneiden gibts noch etwas zu tun.

Mit einem Stockschwamm holst du Drehwasser und Schlicker aus dem Gefäß.

Da außen am unteren Rand wahrscheinlich soviel Ton lagert, dass es einer Mini-Skisprungschanze ähnelt, muss dort erstmal Ton weggenommen werden.

Dafür kannst Du gerade Holzschienen oder alte Plastik-Kreditkarten oder Ähnliches verwenden. Bei drehender Scheibe auf dem Scheibenkopf schleifen lassen. Mit dem ausgedrückten Schwamm machst Du die Scheibe sauber, dann Deine Hände.

Zum Schluß nimmst du ein abgeschrägtes Modellierholz. Das hälst Du an den unteren Gefäßrand.

Ziel ist eine senkrechte Fläche, ca. 1 cm hoch. Die sollte trocken bleiben.

Hier kannst Du gleich anfassen, wenn Du deinen Pott von der Scheibe nimmst.

 

Mit dem Schneidedraht wird das Gefäß abgeschnitten. Ich bevorzuge Angelschnur. Eine Rolle davon reicht fast für ein ganzes Töpferleben.

Den Schneidedraht mit beiden Händen fassen, spannen und WICHTIG während des ganzen Schneidevorgangs mit den Zeigefingern auf den Scheibenkopf drücken.

Am Anfang verwirrt Dich die drehende Scheibe (langsam). Aber eigentlich kannst Du fast die Augen dabei schließen.

Draht spannen, hinter dem Gefäß auf den Boden bringen, Finger runterdrücken.

Dann ganz stur den Draht auf Dich zu ziehen.

Dabei bleibt Dein Fuß auf dem Pedal in Lauerstellung, bereit zum Bremsen.

 

Wenn Dein Boden zu dünn geraten ist, wird er immer noch beharrlich in der Mitte bleiben, ansonsten ist das Gefäß vielleicht schon etwas aus der Mitte herausgerutscht. Anhalten.

Mit TROCKENEN Händen kannst Du jetzt einen Zylinder  hochheben und auf ein Brett stellen.

Möglichst großflächig anfassen.

 

Eine andere Möglichkeit:

Du krümmst Deine Finger und bringst die Fingerspitzen an EINE STELLE der glatten unteren Kante des Topfes. Evtl. mit den Fingernägeln den Topf etwas anheben und Schritt für Schritt zum Scheibenrand bugsieren - etwa so wie man ein schweres Faß weiter bewegen würde.

Da lässt sich das Gefäß dann meist einfach auf deine flache Hand schieben.

 

Was Du sicher auch schon mal gesehen hast, ist "Runterschwimmen".

Dazu machst Du mit deinem Schwamm eine kleine Pfütze auf dem Scheibenkopf.

Nach dem ersten Abschneiden die Scheibe anhalten.

Sonst gehört dein erster fertiger Topf schon der Vergangenheit an.

 

Nach mehrmaligem Durchziehen des Drahtes durch Pfütze und unter dem Boden des Gefäßes wird es rutschig. Jetzt kannst Du mit sehr wenig Druck den Topf schieben bis auf deinen Handteller.

 

Leider ist oft zwischen Scheibenkopf und Auffangwanne sehr wenig Platz.

Hallo Ihr Scheibenhersteller :-) drei, vier Zentimeter mehr würden uns das Leben erleichtern.

 

Zum Schluss steht Dein Gefäß auf einem Trockenbrett und Du kannst es jetzt stolz bewundern.

 

Größere bzw. hauptsächlich breite Gefäße wie Schüsseln bekommt man so kaum unbeschadet von der Scheibe.

Selbst wenn man beim Abnehmen verbeulte Teile später wieder "gerade" rückt, bleibt ein Schaden zurück.

Wenn der Ton bis an seine Höchst-Brenntemperaturen gebrannt wird, zeigt er sein sogenanntes "Rückerinnerungsvermögen". Heißt, er ist in diesem Fall so ein bischen nachtragend.

Er hat nicht vergessen, dass Du ihn beim Abnehmen verbeult hast.

Nach dem Brennen kriegst Du die Quittung.

Was also tun?

Die Lösung heißt: Drehen auf Holzplatten.

Es gibt inzwischen schon Töpferscheiben, für die Du passende Holzaufsatzplatten erwerben kannst.

Der entsprechende Scheibenkopf hat kleine Löcher, wo die Holzplatten fixiert werden können.

 

Wenn Deine Scheibe das nicht kann: es geht auch anders.

Besorge Dir im Baumarkt deines Vertrauens WASSERFEST verleimte Spanplatte.

(Dort evtl. schon in passende Quadrate zuschneiden lassen).

Mit einer Stichsäge kannst nun Du - oder der Holzkundige in Deinem Bekanntenkreis - runde Platten zuschneiden.

Das müssen keine Designerstücke werden. IN ETWA RUND reicht. Scharfe Kanten aber lieber etwas anschmirgeln.

Der Durchmesser deiner Platte kann ca. einen Zentimeter mehr haben als dein Scheibenkopf, Stärke der Platten etwa 20 mm.

 

Wie halten nun die Platten auf der Scheibe?

Mit Ton.

Weichen Tonklumpen zentrieren und bis zum Scheibenrand hinziehen / verteilen.

Wenn Du eine flache Tonscheibe erzeugt hast, mache mit den Fingern bei drehender Scheibe Kreis-Furchen in die Tonschicht.

Die Platte von beiden Seiten mit dem ausgedrückten Schwamm ganz leicht befeuchten.

Dann die Platte auflegen und festdrücken. Jetzt kannst Du den nächsten Tonklumpen festklopfen und wieder an den Start gehen.

 

Nach Fertigstellung schneidest Du zuerst dein Gefäß ein- zweimal ab.

Dann gehts unter die Holzplatte. Mit etwas Übung kriegst Du es hin, möglichst nahe an der Platte und wenig Ton abzuschneiden. So kannst Du die Unterlage aus Ton mehrmals verwenden.

 

Herzlichst Heidi

Aachen Januar 2021