Höhenflug. Dein Tongefäß wächst

 

Jetzt ist es endlich so weit. Dein Tonklumpen ist zentriert und aufgebrochen. Das Gefäß hat einen Boden. Und läuft immer noch rund.

Nun kannst Du die Tonwand wachsen lassen. Ziel ist es erstmal, möglichst an Höhe zu gewinnen - außer Du würdest flache Schalen oder Teller drehen wollen.

 

Wie geht das nun?

Wenn Du Linkshänder bist, arbeitet Deine linke Hand jetzt außen am Gefäß, deine rechte innen. Die Hände befinden sich links vom Mittelpunkt.

Als Rechtshänder arbeitest Du an der rechten Seite. Rechte Hand außen, linke innen im Gefäß.

 

Bevor Du Müslischalen, Kakaotassen, bauchige Vasen usw. anvisierst, übe die Grundform: den Zylinder.

Daraus kann dann alles Mögliche entstehen.

 

Aber, wenn Du es noch gründlicher angehen willst, mache als allererstes einen Konus. Ein Konus wird nach oben hin schmaler, sieht also aus wie ein oben abgeschnittenes A.

 

Warum? Ein Konus ist die stabilste Form beim Drehen.

Du lernst dabei, den Ton wirklich zu händeln.

Du wirst später einmal sehr viel einfacher geschlossene Gefäße drehen können.

 

Dein Widersacher bei diesem Vorgang ist allerdings die "Fliehkraft".

 

Das hat Mrs. Clayton-Potters dazu herausgefunden:

Wenn Du bei Wikipedia unter "Fliehkraft" oder Zentrifugalkraft nachschaust, siehst du sofort ein Bild mit einem Kettenkarrussel. Sehr schnell ist klar: 

von einer drehenden Scheibe aus fliegt alles nach außen.

Für das Drehen an der Scheibe bedeutet das: Um einen geraden Zylinder (wie eine Röhre) hochzuziehen, musst Du von außen schon mehr Kraft anwenden als von innen. Bei einem Konus umso mehr.

 

Du machst mehrere Aufzüge (Hochzüge) bis Du aus der Menge deines Tonklumpens möglichst viel an Höhe "herausgeholt" hast.

 

1. Du drehst den Konus

2. Du ziehst die Wand gerade hoch zu einem Zylinder (Röhre)

3. Diesen zweiten Schritt wiederholst Du.

 

Jeder Aufzug beginnt ganz unten und wird bis ganz oben ohne Unterbrechung durchgeführt.

Bei all dem Streben nach Höhe ist eins erst mal wichtiger: die Wandung sollte von unten nach oben etwa GLEICH DICK sein. Das heißt, Du musst den Ton schon ganz unten im Gefäß wirklich "packen". Du musst etwas riskieren und zufassen.

 

Dazu machst Du Dir erstmal ganz unten am Gefäßrand außen eine Art Griffmulde. Mit dem Zeigefinger einfach unten in Richtung Mitte drücken.

 

Nun beginnen die beiden Hände miteinander zu arbeiten.

Du benutzt Zeige- und Mittelfinger beider Hände. Dazwischen liegt die Tonwand.

Weil dein Gefäß einen Boden hat, liegt die Innenhand etwas höher als die Außenwand. Versuche nicht, das während des Aufzugs zu verändern.

Mithilfe deiner Daumen bringst Du beide Hände in Verbindung. Stelle den Kontakt zu deinem Körper her.

Deine Hände sind leicht gekrümmt, Du hast sie natürlich vorher in Wasser getaucht, die Scheibe läuft bei mittlerer Geschwindigkeit.

Nun pack zu. Die Aussenhand zieht / schiebt in Richtung Mittelpunkt stetig nach oben.

Die Innenhand gleitet direkt oberhalb davon ebenfalls hoch. Sie übt fast keinen Druck aus.

 

Oben angekommen den Druck verringern und die Hände zur Seite wegnehmen.

 

Der zweite und dritte Aufzug soll die Form eines geraden Zylinders erzeugen. Dazu übt nun auch die innen arbeitende Hand etwas mehr Druck aus.

 

Den oberen Rand stabilisieren. Zwischen Daumen und Zeigefinger der einen Hand gleitet dein Gefäßrand ohne Druck. Der Zeigefinger der anderen Hand legt sich waagrecht auf den Rand.

 

Für das Hochziehen / Schieben kannst Du Dir auch gut den "Knöchelzug" angewöhnen.

Statt mit den Fingerspitzen der Außenhand arbeitest Du dabei mit dem Zeigefinger der Außenhand. Krümme dazu den Finger soweit es geht. Das mittlere Fingerglied ist DER Teil, der arbeitet. Die Hände arbeiten in diesem Fall fast mittig vor Deinem Bauch.

 

Nach drei Aufzügen wird es Zeit, mit der Formgebung zu beginnen.

Das Gefäß kann bauchig werden für eine Vase. Oder die Öffnung oben breiter, wie bei einem V.

 

Da probiere einfach mal ein bischen rum.

Die Geschwindigkeit der Scheibe ist jetzt noch etwas reduzierter.

Der Ton muss vorsichtig angefasst werden. Er hat jetzt schon sehr viel Wasser aufgenommen und ist daher recht weich.

Aber das Prinzip ist einfach: der Ton geht dahin, wohin du ihn drückst.

 

Herzlichst Heidi

Aachen Januar 2021