Ton zentrieren

 
Videos sind eine tolle Sache, wenn Du sehen willst, wie man an der Töpferscheibe dreht.

Das sieht ja ganz einfach aus!  Du kannst in Videos vor allen Dingen sehen, WELCHE Handgriffe

der Töpfer anwendet. WANN er sie anwendet. WIE der Ton darauf reagiert.

 

Was du nicht wirklich dabei sehen kannst: Wie schnell läuft die Scheibe?

Und ganz entscheidend für das Gelingen: Wie fest musst Du WANN drücken?

 

Generell wird gesagt: am Anfang viel Speed und kräftig drücken. Im weiteren Drehverlauf beides reduzieren. Das hast du schon mal gehört? Prima, dann können wir uns das ja mal genauer anschauen.

 

Das Thema heute ist ZENTRIEREN (das Ton schlagen verschieben wir auf später).

 

 

Halt! Bist Du Rechtshänder oder Linkshänder?

Scheibentöpfern ist für Rechtshänder und Linkshänder möglich. An elektrischen Töpferscheiben gibt es einen einfachen Schalter. (Bitte vor einem eventuellen Kauf kontrollieren, ob die gewählte Scheibe das kann).

Für Rechtshänder dreht sich die Scheibe GEGEN den Uhrzeigersinn.

Für Linkshänder MIT dem Uhrzeigersinn.

 

 Los geht’s:

 

Dein Tonklumpen sitzt fest auf deinem Scheibenkopf. Du hast ihn vorher schön rund geklopft und in die Mitte gelegt oder geworfen und etwas festgeklopft. Deine Hände hast du kurz in den Wassertopf getaucht. Die Scheibe läuft sehr schnell.

 

Beide Hände arbeiten zusammen. In diesem Stadium des Zentrierens benutzt Du hauptsächlich die Handballen.

Deine Haupthand (= rechte für Rechtshänder, die linke für Linkshänder)  drückt von der Seite auf den Tonklumpen. Der  Ellbogen stützt sich gegen deinen Körper ab (etwa in der Region deiner Hüfte).

 

Deine zweite Hand drückt von oben. Du übst viel Druck aus.

 

Wenn Du ein kräftiger Mann bist, versuche es auch mit etwas weniger Druck.

Wenn Kraftakte sonst normalerweise nicht zu deinen täglichen Übungen gehören: drücke so fest Du kannst.

  

Nun, wenn beide Hände gleich viel Druck ausüben, passiert in der Regel nicht besonders viel.

Ziel ist es jetzt, den Druck zu verändern.

 

Probiere es aus:

Die Außenhand drückt stark, die zweite Hand drückt weniger.

 

Was passiert? Der Tonklumpen wächst etwas in die Höhe und wird dabei schmaler.

 

Nun mache es umgekehrt.

Die zweite Hand drückt von oben, deine Haupthand drückt weniger. Sie fängt den runter gedrückten Ton auf. Sie gibt dem Ton Halt.

 

Dann wieder umgekehrt. Das mache ein paar Mal. Nicht vergessen, dazwischen die Hände befeuchten.

 

Und immer die Haupthand – über den Ellbogen – in Kontakt zum Körper. Dein Körper gibt der Haupthand die Verankerung, Rückhalt, Kraftverstärkung, ist Ruhepol.

 

Wenn der Tonklumpen noch nicht ruhig läuft, setzt du anders an.

Ziel ist ein hoher schmaler Kegel.

 

Hier drückst Du mit beiden Handflächen  symmetrisch auf den Ton. Von beiden Seiten her zur Mitte. Beide Hände miteinander verbinden und langsam von unten nach oben gleiten. Mit Druck natürlich.

 

Je nach verwendeter Menge Ton wird es da oben dünn. Und aufgepasst. Nicht mehr so fest drücken.

 

Dann das umgekehrte Spiel: deine zweite Hand drückt nun diesen Kegel wieder nach unten.

Die Haupthand fängt den Ton auf. Sie bestimmt die Form deiner Tonkugel.

– Und – ich habe mir eine Menge Videos angeschaut. Da dreht doch jeder wie er will!

Bei diesem Schritt scheint es nicht so wichtig zu sein, welche Hand du wofür nimmst.

Also probiere selbst  aus, wie es sich für Dich richtig anfühlt.

 

Diesen Vorgang, Pyramide/Kegel formen und wieder runterdrücken, solltest Du maximal 3 mal ausführen. Dann ist Feierabend.

 

Der Ton hat jetzt schon viel Wasser aufgenommen, man sagt er wird müde.

Achje! Davon solltest Du dich nicht irritieren lassen.

 

Hör auf mit dem Zentrieren und tu so, als wäre alles in Ordnung.

 

Dreh deinen Pott. Es ist klar, etwas Großartiges kann aus einem unzentrierten Klumpen nicht entstehen. Aber vielleicht etwas Spaß?

 

Zentrieren ist wahrscheinlich das Schwierigste beim Drehen lernen. Es sorgt für viel Frust.

Aber das geht nicht nur Dir so!

Irgendwann macht’s klick und deine Hände wissen, was zu tun ist.

Hier kommst Du gut weiter mit immer wieder üben.

Irgendwann hast Du das Tal der Enttäuschung durchquert. Dann steht dir die großartige Welt des Töpferns offen.

 

Und damit Du noch ein klein bisschen schneller an dein Ziel kommst, verrate ich dir ein Geheimnis.

 

Simpel und immer gültig für den ganzen Drehvorgang:

 

Erschreck den Ton nicht!

  

Wie fährst Du Auto? Los mit quietschenden Reifen, heulendem Motor?

Anhalten nur mit Vollbremsung?

Was ist dabei die Reaktion deiner Mitfahrer? (außer, dass sie dir den Vogel zeigen?)

Sie werden durchgeschüttelt, sie müssen

 

ruckartig ihre Position verändern.

 

Aufs Drehen an der Töpferscheibe übertragen, heißt das:

 

Immer und immer und immer, wenn Du den Ton anfasst, beginne mit ganz wenig Druck.

Genauso beendest Du jeden Teil des Drehens. Den Druck verringern und die Hände zur Seite wegnehmen.

So wie eine gute Massage beendet wird.

 

Dazu ein nettes Video, allerdings in englisch (steht auch in der Linkliste)

auf Youtube, englisch, lustig und sehr anschaulich:

Über Fehler beim Zentrieren, ein Video von Corvallis Schools Art Department

 

Herzlichst Heidi

Aachen Januar 2021